Liebe Leserinnen, liebe Leser,
eigentlich sind Militärparaden albern. Wenn Könige und Präsidenten in heutiger Zeit ihre Panzer, Artillerien und Raketen protzig an sich vorbeibrummen lassen, halte ich das weniger für ein Zeichen militärischer Stärke als für die charakterliche Schwäche des jeweiligen Machthabers.
Allerdings gibt es für mich als Pass-Engländer eine große Ausnahme:
Das traditionelle “Trooping the Colour” zu Ehren der britischen Königin Elizabeth II. Und ich erkläre Ihnen gerne, warum: Zum einen werden Sie Panzer und Raketen auf dieser Parade vergeblich suchen. Stattdessen formiert sich dort die Infanterie und Kavallerie (na gut, ein paar Flugzeuge sind auch dabei), um der
Queen eine Freude zum Geburtstag - und in diesem Jahr zum 70. Thronjubiläum - zu machen. Und nicht, um anderen Ländern zu zeigen, wie gefährlich die britischen Streitkräfte sind.
Zweitens: Großbritannien ist ein Land voller staatlicher Traditionen, die
teilweise auch bizarr wirken (wie etwa das Zeremoniell zur
alljährlichen Parlamentseröffnung). Allerdings geben solche Traditionen auch Sicherheit. Brexit, Corona, Kriege - alles schlimm. Aber trotz alldem bekommt die Queen auch in diesem Jahr im Juni ihre Parade, sie winkt vom Balkon und
es scheint ihr sogar halbwegs gut zu gehen. Ein Glück - und ein Zeichen für die Briten: So schlimm scheint es um die Welt (noch) nicht zu stehen.
Und überhaupt: 70. Thronjubiläum! Das haben außer ihr nur sehr, sehr wenige Monarchen geschafft. Kleine Veranschaulichung gefällig? Als Queen Elizabeth II. 1952 den Thron bestieg, dauerte es noch zwei Jahre, bis Angela Merkel geboren wurde. Das ist dann doch eine ganze Weile her.
Wenn Sie kein Fan der britischen Royals oder der Monarchie allgemein sind - Sie haben mein vollstes Verständnis. Es gibt viele gute Argumente, die dagegen sprechen. Für die ist auch an den restlichen 364 Tagen im Jahr viel Zeit. Aber heute heißt es von mir:
God save the Queen!
Herzliche Grüße,
Robin Williamson
Chef vom Dienst (Digital)